Link 11 – Die Vertreibung aus dem Sonderpensionsparadies

„Also vamos, packen wir’s an.“ Die Aufforderung von Neos-Boss Matthias Strolz richtete sich an die Regierung, systematische Ungerechtigkeiten im Pensionssystem zu beseitigen. Sozialminister Rudolf Hundstorfer (SPÖ), der diese Woche wegen des Widerstands der Sozialpartner kein Gesetz zum Pensionsmonitoring vorlegen konnte, meldete sich am Donnerstag in der Aktuellen Stunde des Nationalrats kurz nach 9 Uhr prompt zu Wort. „Es geht überhaupt nicht um die Zementierung von Privilegien“, donnerte er von der Regierungs-bank dem Neos-Chef entgegen.

Es gab eine Viertelstunde lang Gratisnachhilfe für Strolz und interessierte Zuhörer. Erst am Nachmittag folgte Teil zwei der Pensionssaga im Parlament mit dem Beschluss der Begrenzung besonders üppiger Zusatzpensionen.

Mit seinem nicht von mangelndem Selbstbewusstsein geprägten Auftritt hatte Strolz den Minister aus der Reserve gelockt. „Wenn Sie sich beschäftigten würden mit der Materie, das tun sie aber nicht“, hob Hundstorfer an. Danach prasselte wie Hagel eine Aufzählung bereits gesetzter Schritte zur Vereinheitlichung der Pensionssysteme nieder: nur mehr 7000 Beamte im „Uraltsystem“, 54.000 bereits im ASVG, 270 Millionen Euro jährlich an Einnahmen durch den Pensionssicherungsbeitrag, den Beamte im Ruhestand seit 1997 zahlen müssen, Pensionsberechnung aufgrund der Gehälter von 14 Jahren (2028 sollen es 40 Jahre sein, Anm.) statt wie bis 2003 auf Basis des Letztbezugs. „Sie sind ein bisschen spät dran mit Ihren Ideen“, ätzte Hundstorfer.

Wenn man die eine Milliarde Euro für die Mindestpensionen, die etwa in Deutschland nicht als Pensionskosten gezählt würden, oder die von der öffentlichen Hand bezahlten Zeiten für Kindererziehung abrechne, liege der Zuschuss aus dem Budget bei vier und nicht bei zehn Milliarden Euro.

„Jetzt hab ich Sie aufg’mischt“

Der Übergang dauere „kein halbes Jahrhundert“ mehr, sondern 40 Jahre: Selbst das Gelächter, das darüber aus manchen Abgeordnetenkehlen losbrach, münzte der Minister als Aufmunterung um: „Jetzt hab ich Sie alle aufg’mischt.“

Am Nachmittag wurden jene rund 9600 Betroffenen in 27 Einrichtungen „aufgemischt“, die neben der gesetzlichen Pension über eine hohe Zusatzpension verfügen. Mit einem Gesetz zur Begrenzung der Sonderpensionen erfolgt ab 2015 die Vertreibung aus diesen Pensionsparadiesen – wie Nationalbank, Kammern, Sozialversicherung oder ORF, auch Politiker nach dem alten Pensionssystem vor 1997 fallen darunter. Bei der Nationalbank wurden etwa langjährige Forderungen des Rechnungshofs aufgegriffen.

Künftig gibt es drei Gruppen:
Jene, die mit „Luxuspensionen“ bis zu 30.000 Euro, wie in der Nationalbank, schon in Pension sind, müssen durch einen Pensionssicherungsbeitrag eine Kürzung des Pensionsteils über 4530 Euro im Monat gestaffelt zwischen fünf und 25 Prozent hinnehmen. Bei noch kräftigeren Einschnitten wäre fraglich, ob dies vor Gericht hält.
Wer noch aktiv in den 27 Institutionen arbeitet, erhält mittels Begrenzung maximal 15.855 Euro im Monat Zusatzpension.
Für künftige Bedienstete liegt das Limit bei der zweifachen Höchstbeitragsgrundlage, derzeit also bei 9060 Euro brutto monatlich. Mit dieser weiteren Senkung gegenüber dem Entwurf als Preis für ihre Zustimmung haben die Grünen dabei SPÖ und WP „aufgemischt“.

Quelle: PRESSE 13.06.2014/S8 diepresse.com › Politik › Innenpolitik